Irgendwie ging alles doch recht schnell mit dem Hobbit. Zumindest hatte ich diesen Eindruck, nachdem der Film erst lange in der Schwebe hing. Dann war doch wieder Peter Jackson am Ruder, aus zwei Filmen wurden drei und – schwupps – ist er auch schon in den Kinos. Nachdem die ersten Kritiken verhaltend bis vernichtend waren, ging ich mit recht gedämpften Erwartungen ins Kino – natürlich in 3-D und 48p. Als Technologie-Hipster muss ich schließlich das ganze neumodische Zeug ausprobieren.
Achtung: Spoiler, dick wie Bombur.
Viel wurde über HFR alias 48p geredet, das Jackson zum allerersten Mal bei einem Kinofilm zum Einsatz brachte. Zumindest diese Pionierarbeit wird ihm niemand streitig machen können. Doch erste Testvorführungen lösten Panik aus: Das Bild sei wie bei einer Daily Soap, von „Kino-Feeling“ keine Spur. Eher „Gute Hobbits, schlechte Hobbits“. Nun, es stimmt, dass der oft genannte „Benny-Hill-Effekt“ tatsächlich am Anfang sehr stark ist. Heißt: alle Bewegungen kommen einem viel zu schnell vor. Das wirkt unfreiwillig komisch. Man wartet förmlich darauf, dass Charlie Chaplin oder die Marx Brothers für eine Cameo um die Ecke kommen. Dieser Eindruck legt sich aber recht schnell, bei mir nach ca. einem Drittel des Films. Was bleibt, ist der etwas merkwürdige Look. Alles ist zu glatt, zu flach, mit zu wenig Tiefenunschärfe, wie man es beim Film eigentlich erwartet. Das hat natürlich auch mit unseren jahrelang antrainierten Sehgewohnheiten zu tun. Würden Filme seit eh und je mit 48p laufen und 24p jetzt das neue Ding sein, würde uns wahrscheinlich alles unscharf und matschig vorkommen. Die beschleunigte Wiedergabe hat aber auch ihre Vorzüge. Alles ist unglaublich smooth, die teils brillanten Bilder noch brillanter. Aber im Gegensatz zum „Benny-Hill-Effekt“ konnte ich das Gefühl hier was „falsch“ zu gucken, während des ganzen Films nicht ablegen. Jeder sollte sich mal selber ein Bild von der neuen Technik machen. Ich muss das aber ganz ehrlich erstmal nicht mehr haben.
Bei dieser Debatte könnte man fast vergessen, dass es sich bei Der Hobbit quasi um das dreiteilige Prequel zur bumserfolgreichen Herr-der-Ringe-Trilogie handelt. Drei Teile mit jeweils locker über zwei Stunden Länge für ein Kinderbuch, das gerade einmal 300 Seiten hat? Wer macht sich hier die Taschen voll? Die offizielle Version geht ja so, dass es nicht die Idee des Studios war, den Hobbit zu dritteln, sondern Jackson, Walsh und Boyens geradezu darum gebettelt haben, um die Story möglichst detailliert und mitsamt allen Appendices zu erzählen. Wie auch immer es gewesen sein mag, aber gerade diese Entscheidung schien ersten Kritiken nach ziemlich in die Hose gegangen zu sein. Viel zu langatmig sei „Eine unerwartete Reise“, so die Nörgler. Armer Peter Jackson, bei dem Herrn der Ringe ärgerten sich die Hardcore-Fans, dass zu viel weggelassen, bzw. abgeändert wurde, und nun das.
Aber – und das sage ich als jemand, der weder Der Hobbit noch Der Herr der Ringe gelesen hat – ich empfand den Film nicht als zu lang. Gerade einige Szenen, bei denen man erst dachte, dass sie sich zu sehr in die Länge ziehen, waren im Nachhinein betrachtet die besten des Films. So wie das Rätsel-Duell zwischen Bilbo und Gollum. Natürlich hätte man das ein oder andere straffen können, gerade zu Beginn, aber ich respektiere Jacksons Wunsch nach Authentizität. Auch waren mir die Zwerge nicht zu albern. Der Film driftet nie in plumpen Schabernack oder Fremdschämen ab. Im Gegenteil: Als Thorin zum „Song of the Misty Mountain“ anstimmte, verspürte ich eine wohlige Gänsehaut. Aber Männerchöre mochte ich auch schon damals bei Manowar.
Was mich eher stört, ist die Vorhersehbarkeit und die vielen“Deus Ex Machina“-Momente des Film. Gerade die Bilbo, Gandalf und den Zwergen anhaftende „Plot Armor“ nimmt einiges an Spannung raus. Natürlich ist dies der Vorlage geschuldet, aber ich glaube, es hätte der Story ganz gut getan, wenn nicht alle der 13 Zwerge den ersten Film überlebt hätten. Auch entwickelt der Film kein Gefühl für Raum und Zeit. Wo und wann sich die Charaktere gerade auf ihrer Reise befinden, wurde zumindest mir als Nichtkenner des Buches nie so ganz klar. Ist es im Buch eigentlich auch so, dass Gollum seine Höhle praktischerweise direkt unter der Goblin-Hauptstadt hat? Und warum hat es dann so ewig gedauert, bis mal jemand diesen gottverdammten Ring findet?
Für Herr-der-Ringe-Kenner ergeben sich aber dafür auch diverse „Aha“-Momente und ein Wiedersehen mit alten Bekannten. Es spricht für die Macher, dass quasi jeder – McKellen, Lee, Blanchet, Weaving, Wood, Holm usw. – wieder mit dabei ist. Respekt vor allem vor dem mittlerweile über 90-jährigen Christopher Lee, der gesundheitsbedingt seine Szenen in England vor einem Green Screen und nicht in Neuseeland filmte. Was ich übrigens erstaunlich finde: Obwohl es 13 Zwerge gibt, die alle recht ähnliche Namen haben, weiß man am Ende des Films doch schon recht gut, wer jetzt wer ist. Auch wenn man sich noch mit Begriffen wie „der Dicke“, „der Alte“ oder „der Schönling“ behelfen muss.
Insgesamt ist Der Hobbit vielleicht kein großartiger Film, kein Epos wie die Herr-der-Ringe-Filme, sondern der Vorlage entsprechend eher kleiner, bescheidener – sofern man das von einem 200 Millionen Dollar teuren Mega-Blockbuster sagen kann. Aber es ist irgendwie auch ein sehr sympathischer Film.